Drei große göttliche Offenbarungen

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Übersicht und Vergleich

Swedenborg Offenbarungen

Himmel Hölle Geisterwelt

Teil 1 - Die Geisterwelt

Teil 2 - Der Himmel

Teil 3 - Die Hölle

Teil 4 - Nachwort

Leben und Lehre - Band 1

Leben und Lehre - Band 2

Leben und Lehre - Band 3

Die Erdkörper im Weltall

Verkehr zw. Seele und Leib

Lorber Offenbarungen

Mexikanische Offenbarungen


Literatur + Websites

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Impressum


Himmel Hölle Geisterwelt - Teil 4

Nachwort des Herausgebers der Erstauflage (1925)

Kapitel 25 – Die Aufgabe des Übersetzers und Herausgebers

Die Schuldfrage des Ersten Weltkrieges

Der rasende Tanz um Wissen, Erfindungen und Heilmittel tötet das Leben

Der moderne Turmbau zu Babel

Trotz ungeahnter Erfolge in Wissenschaft und Technik wächst die Zerstörung der menschlichen Seele

Die großen geistigen Ideen wurden ersetzt durch Manifeste und Parteiinteressen

Die hohe Aufgabe der Dichter und Künstler

Die Lehre Kants gegenüber den göttlichen Offenbarungen

Die positive Hoffnung für die Menschheit

Kapitel 26 – Die Lehre Swedenborgs

Swedenborgs Aussagen sind Gesehenes, Gehörtes und göttliche Offenbarungen

Neuere Erkenntnisse in der Physik lassen Swedenborgs Geistige Welt näherrücken

Swedenborgs Lehre von den Entsprechungen

Swedenborg warnt vor dem Verkehr von Unberufenen mit Geistern

Swedenborgs großer Einfluss auf die bedeutenden Köpfe des 18. und 19. Jahrhunderts

Kapitel 27 – Das Werk dieser Schrift

Die Gründe für die Mystifizierung Swedenborgs

Diese Schrift ist mehr als eine Übersetzung

Die meisten Interpreten von Swedenborg waren Theologen, die sich an das Äußere der Worte klammerten

Erste grundlegende deutsche Übersetzung durch J. Tafel

Kapitel 28 – Emanuel Swedenborg

Die ersten dreißig Jahre, angefüllt mit Studien, Reisen und Veröffentlichung wissenschaftlicher Werke

Mitgliedschaft der Wissenschaftlichen Gesellschaft

Seit 1736 weitere Reisen durch Europa zwecks Drucklegung großer Werke der Chemie, Mineralogie, usw.

Seit 1743 erste Zweifel, die großen Probleme durch die Wissenschaften lösen zu können

Bericht aus den Memoiren von Carl Robsahm über Swedenborgs Berufung im Jahre 1745

Mit seiner Berufung erhält Swedenborg von Gott die Gabe, mit dem Jenseits in Verbindung treten zu können

Swedenborgs Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und Einblick in sein einfaches Privatleben

Erbitterte Feindschaft von Seiten der Geistlichkeit

Die finanziellen Gepflogenheiten Swedenborgs

Tod und Beisetzung Swedenborgs 1772 in London

Swedenborgs Bekenntnis, dass alles wahr ist, was er geschrieben hat

Kapitel 29 – Kant schildert Swedenborgs berühmte, visionäre Gesichte in einem Brief an Charlotte von Knobloch

Einige Beispiele von sonderbaren Begebenheiten

Das Auffinden einer Quittung von Madame Harteville

Genaue Schilderung des verheerenden Brandes 1756 in Stockholm, die Swedenborg zeitgleich in Göteborg gab

Die Audienz bei der Königin

Intuitive Entdeckungen und Erfindungen Swedenborgs






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Kapitel 25
Die Aufgabe des Übersetzers und Herausgebers

Der Herausgeber dieses Buches glaubte, einer Berufung zu folgen, als er sich im Januar 1922 entschloss, eine Ahnung des Swedenborgschen Geistes seiner Zeit zu vermitteln. Am Ende eines verlorenen Krieges‚ einer verworrenen Revolution, bar aller seelischen Güter, verdorben und verarmt, im Beginn einer ungeheuren Entwertung, die sie um ihr letztes Stück Brot, um den letzten Rest geleisteter Arbeit zu betrügen drohte, schien die Nation auf den Trümmern der Gemeinschaft neuer, geistiger Kräfte zu bedürfen. Das Weltgeschehen der letzten Jahre, für das der höchste wie der geringste Mensch auf Erden in gleicher Weise die Verantwortung trägt, und das so schnell der Vergessenheit anheimfiel, war in seiner allgemeinen Auswirkung nichts anderes als der natürliche Werdegang des Einzelnen: die niedrigen Instinkte jedes Menschen, durch keine Gewissensmacht gebunden‚ durch die falsche Phraseologie einer ins Gegenteil gekehrten Sittlichkeit zum Heldentum gesteigert, brachen plötzlich aus dem Dunkel des bürgerlichen Lebens auf; alle die kleinen, unterirdischen Ströme verborgener Bosheit und Selbstsucht sprengten die Dämme einer brüchigen Weltordnung und vereinigten sich zu einem Meer von Mord, Gewalt und Plünderung.

Die Schuldfrage des Ersten Weltkrieges

So entstand der Krieg. Die aufgeklärte Menschheit unserer Tage, die soviel von den exakten Wissenschaften gelernt hat, dass ihr nichts mehr zu wissen übrigbleibt, begnügt sich diesem unerbittlichen Schicksal gegenüber mit historischen Vorurteilen‚ indem sie in ihrer Eitelkeit die Schuldfrage erörtert, oder wirtschaftliche Erklärungen gelten lässt; sie gleicht dabei einem Seefahrer, der im Augenblick des Schiffsunterganges noch das Steuer richtet, damit das Schiff in der vorgeschriebenen Richtung fahrt.

Der Sinn des Lebens, und damit das Leben selber, war den Menschen verlorengegangen. Auf dem Gipfel der rationalistischen Weltanschauung hatte die Philosophie den kategorischen Imperativ entdeckt, der seine restlose Erfüllung im Sommer 1914 erfuhr, als der Mord die Maxime einer allgemeinen Gesetzgebung ward. Schien nicht die gepriesene Entwicklung, der erhabene Fortschritt der Menschen diesen Grad des Wahnsinns erreichen zu müssen, um die Ethik eines logischen Jahrhunderts ad absurdum zu führen? Generationen entstehen und gehen zugrunde, um die vorgefassten Ideen des menschlichen Geistes auf ihrem Wege zu verwirklichen. So ist die Weltanschauung eines Volkes bereits der vollkommene Ausdruck seines künftigen Daseins, und die Frage erhebt sich: wo stehen wir heute?

Der rasende Tanz um Wissen, Erfindungen und Heilmittel tötet das Leben

Wer ohne Voreingenommenheit die Gegenwart prüft, erschrickt vor ihrer Verheerung durch den Intellekt. Das Wissen hat den Geist, die Erfindungen haben das Leben getötet. Ein rasender Tanz sich jagender Konstruktionen droht die Natur in ein Leichenfeld von Maschinen zu verwandeln. Kein Tag vergeht, an dem nicht Heilmittel gegen Krankheiten erfunden werden; wir sind zwar scheinbar imstande, ein Leiden zu heilen, wissen wir aber, ob nicht das Heilmittel schon den Keim einer neuen Krankheit in sich birgt? Das allmächtige Gleichgewicht, dem die Welt unterliegt, hält zwischen Bedürfnis und Erfindung die Waage: wir treiben den Teufel durch Beelzebub aus und stürzen immer tiefer in die Hölle unserer Einbildungen. Im Begriff, den Boden, auf dem wir stehen, in Staub aufzulösen, indem wir die Atome mutwillig zertrümmern, vollenden wir einen Prozess der Selbstvernichtung, dem gegenüber der Krieg nur ein Schneeball vor einer Lawine ist.

Der moderne Turmbau zu Babel

Reichen nicht die überheblichen Stockwerke einer Stadt wie New York bereits an den Turmbau von Babel heran? Welches Erdbeben wird diese Massen in Trümmer legen? Wir leben im Zeitalter der Wirkungen, das die Ursachen vergessen hat; aber die Mächte, die wir beherrschen, werden sich einst gegen uns selber kehren, wenn die misshandelte Natur in einem ungeheuren Chaos ihre Peiniger begräbt und an ihren eigenen Erfindungen ersticken lässt.

Trotz ungeahnter Erfolge in Wissenschaft und Technik wächst die Zerstörung der menschlichen Seele

Was können wir tun, um uns vom Untergange zu retten? Mit unserem unermesslichen Wissen sind wir die ärmsten Menschen geworden: wir haben alles und besitzen nichts. Die Materie, die wir verschlingen, hat uns selber verschlungen; bald sind wir am Ende unseres Witzes angelangt. Trotz ungeahnter Erfolge der Wissenschaften, trotz zunehmender Ausbeutung der Erde, trotz unerhörter Anstrengungen auf allen Gebieten des Wirtschaftslebens wächst die Zerstörung der menschlichen Seele; sie wächst in dem Maße, als die Technik triumphiert. Zehn Jahre tödlicher Zerfleischung liegen hinter uns. Hat sich etwas geändert seitdem? Täuschen wir uns nicht; das Unheil kann morgen wieder beginnen. Was die Elemente nicht vermochten, haben die Völker erreicht: sie haben die friedliche Erde zu einem ewigen Kampfplatz umgegraben, einander in Hass und Feindschaft verfolgt und einen Zustand dauernder Unruhe geschaffen.

Die großen geistigen Ideen wurden ersetzt durch Manifeste und Parteiinteressen

An Stelle der großen, geistigen Ideen traten Manifeste und Parteiinteressen, Blut wurde durch Blut gesühnt, Gott zu einer Farce von Wanderrednern degradiert. Die Politik, dieses Werkzeug der Unzulänglichen, hat zur Genüge bewiesen, dass man die Menschen weder durch Gewalt, noch durch Blutvergießen ändern kann.

Möge jeder erst mit der Besserung seines eigenen Lebens beginnen, bevor er den Mut hat, sich an die Bekehrung der anderen zu wagen. Die Einsicht, dass dieses Dasein zwischen Geburt und Tod nicht unser einziges und nicht unser letztes Dasein bedeutet, dass wir zwangsmäßig in die Welt gesetzt sind, um eine Aufgabe darin zu erfüllen, die im höchsten und verantwortlichsten Sinne wir selbst sind, ist der erste Schritt zur Einkehr. Wer sich selber rettet, rettet zugleich die Menschheit.

Die hohe Aufgabe der Dichter und Künstler

Mitten hineingestellt in diese Welt der Verwirrungen und Leidenschaften, hat der Dichter die Aufgabe, die Reiche der Lebenden und Toten zu verbinden. Den heiligen Funken der Gottheit tragend, begreift er die tiefe Weisheit des Goetheschen Wortes: Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis. Dieses Gleichnis zu schauen, in ihm die höhere, Geistige Welt zu erkennen, diese Welt als letztes Ziel der irdischen Sehnsucht zu gestalten, ist die Mission des Künstlers. War auch sein Auge getrübt vom Wandel der Zeiten, entbrannt im Streit um Freiheit und Gerechtigkeit, so lehrte ihn schon sein eigenes Leben, dass der Himmel auf Erden nur zu ahnen, nicht zu verwirklichen ist. Aus den toten Märkten der Städte richtet sich sein Blick wieder aufwärts in die unerreichliche Ferne des Lichtes. Um Erleuchtung bittend, als der letzte Verantwortliche seiner Zeit, wagt er es, im Kerker des Intellekts Religion zu verkünden.

Sinn der Kunst ist nicht Kampf, sondern Liebe! Das war der Grund, weshalb der Herausgeber dieses Buches zu Swedenborg gelangte. Er sah, als er die Werke seiner Epoche prüfte, die Sinnlosigkeit der Menschen und Dinge, hörte den Leerlauf der Betriebsamkeit, erkannte einen Geist, der sich erschöpfte in negativer Unendlichkeit. Philosophie und Dichtung, eingespannt in die Treibriemen einer ungeheuren Maschine, schienen, entseelt und entgottet, nur noch ein Trugbild des lebendigen Kosmos zu sein. Der Tag drohte, wo das Feuer versagen musste; wo die Heizer, deren Blut durch Ventile verdampft war, ihren Brennstoff verbraucht hatten; wo die zusammengeschweißte Eisenmasse unter ihrem eigenen Druck zersprang. Die Zeit war gekommen, zwischen den Scheinwerfern der irdischen Finsternis das Öllämpchen eines geistigen Lichtes zu entzünden. Dieses Licht heißt: Emanuel Swedenborg.

Die Lehre Kants gegenüber den göttlichen Offenbarungen

Der Übergang aus der diesseitigen in eine andere Bewusstseinssphäre hat nichts mehr mit Wissenschaft zu tun. Man kann den zwingendsten Beweis gegen die Metaphysik erbringen und dennoch beim Anblick des gestirnten Himmels von Gott überwältigt sein. Entweder man glaubt, der Apparat unseres logischen Denkens enthüllt den Schlüssel zur Wahrheit — oder man glaubt das Gegenteil. Es gibt Weise, denen Beweise nichts beweisen; für sie ist dies Buch geschrieben. Die Geschichte des abendländischen Denkens ist der heroische Versuch, an Stelle von Wahrheit Wahrscheinlichkeit zu setzen: Die Welt, in der wir leben, ist die Wahrscheinlichkeitsrechnung unseres Geistes. Der Lehre Kants, als System des Intellekts, steht Swedenborgs Anschauung, als Offenbarung der Intuition, gegenüber. Hier trennen sich die Geister.

Die positive Hoffnung für die Menschheit

Am Ende des Kapitels von der Geisterwelt schildert Swedenborg die Trennung der guten von den bösen Geistern, die Scheidung des Wahren vom Falschen. Erst wandeln alle Geister nach ihrem körperlichen Leben die gleiche Straße bis zu einem großen Stein; hier trennen sich ihre Wege. Die Guten gehen den schmalen Pfad, der zum Himmel führt; die Bösen sehen den Stein am Scheidewege nicht, stolpern über ihn, kommen zu Schaden und laufen, nachdem sie aufgestanden sind, den breiten Weg, der zur Hölle führt. Ist diese Schilderung nicht ein Symbol unseres geistigen Lebens? Stolpern wir nicht alle in unserem gelehrten Dünkel über den Stein am Scheidewege, von dem es heißt, er veranschauliche das Göttlich-Wahre, das die zur Hölle Gekehrten leugnen? Treiben wir nicht auf der Landstraße der Eitelkeit, auf dem breiten Wege des Besserwissens immer tiefer in die Hölle unserer Zwangsvorstellungen hinein? Wenn wirklich die Kraft des menschlichen Geistes im Blendwerk der Selbstzerstörung endet, sei es erlaubt, einen Augenblick am Scheidewege zu verweilen, ob nicht ein Strahl von der anderen Seite leuchtet. Wie in allen Zeiten verlorener Kämpfe‚ enttäuschter Hoffnungen steht die Menschheit wieder vor der Entscheidung. Wird sie den schmalen Weg gehen, der zur Wahrheit führt? Den ersten Schritt zu tun, war die Aufgabe dieses Buches.






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Kapitel 26
Die Lehre Swedenborgs

Swedenborgs Aussagen sind Gesehenes, Gehörtes und göttliche Offenbarungen

Aus dem Gesagten erhellt, dass die drei Kapitel: Himmel‚ Hölle‚ Geisterwelt‚ die einen kleinen, aber wesentlichen Bruchteil der Swedenborgschen Gedankenwelt darstellen, keiner landläufigen Terminologie unterliegen; sie sind weder Dichtung noch Philosophie, weder Wissenschaft noch Geheimwissenschaft, sondern Gesichte und Offenbarungen. Solange unsere Gedanken an das Endliche gebunden sind, lehrt Swedenborg im Kapitel vom Himmel und den Entsprechungen, sind sie von Zeit, Raum und Materie abhängig; befreit davon, wachsen sie ins Unendliche, je höher sich der Geist über die Körperwelt erhebt. Es handelt sich also um einen anderen Bewusstseinszustand, gleichsam um eine veränderte Perspektive.

Man kann diese Bekenntnisse einer außergewöhnlichen Begabung annehmen, oder ablehnen, nur kann man sie nicht mit dem Rüstzeug der Erkenntnistheorie widerlegen, nachdem sie ausdrücklich eine andere Ebene für sich in Anspruch nehmen. Ebenso verfehlt wäre es, wollte man beispielsweise die Gesetze der euklidischen Geometrie als Beweis gegen die Relativitätstheorie anführen. Ein Gesetz gilt nur innerhalb seiner Grenzen; verändert sich die Peripherie, dann verändert sich auch der Radius. Der fundamentale Satz der modernen Mechanik, dass alles nur Gültigkeit habe, vom Standpunkt des Beobachters aus gesehen, ist die Grundlage jeder Erkenntnis: es kommt darauf an, wo wir stehen.

Neuere Erkenntnisse in der Physik lassen Swedenborgs Geistige Welt näherrücken

Wir stehen an der Schwelle der vierten Dimension, deren Vorhandensein in der Mathematik durch die Errechnung der vierten Koordinate bereits formuliert ist. Der Umsturz der Begriffe von Raum und Zeit, Energie und Materie lässt den Tag nicht mehr fern erscheinen, an dem der veränderten körperlichen Welt eine veränderte Geistige Welt entsprechen wird. Swedenborgs Geistige Welt rückt näher. Die Physik hat entdeckt, dass der kleinste, noch nachweisbare Teil der Materie, das Atom, aus einem elektrisch geladenen Kern besteht, um den die Elektronen in rasender Geschwindigkeit kreisen. Man hat diesen Vorgang ein Planetensystem im Kleinen genannt und darin einen Zusammenhang zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos gesehen.

Swedenborgs Lehre von den Entsprechungen

Wenn nun Swedenborg den Himmel als "Größten Menschen" bezeichnet und durch seine Lehre von den Entsprechungen die Verbindung zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos herstellt, wenn ferner die moderne Relativitätstheorie keine ruhende Welt, sondern nur noch Bewegungen und Kräftefelder gelten lässt, und man Swedenborgs Anschauung von der Geistigen Welt, ihren Zuständen und Zustandsänderungen damit vergleicht, so liegt der Gedanke nahe, dass die Intuition erleuchteter Menschen wohl imstande sein kann, die Resultate der Wissenschaften um einige Jahrhunderte vorwegzunehmen. Sollten auch heute noch zwischen Himmel und Erde Dinge vorgehen, von denen unsere Weisheit sich erst viel später etwas träumen lässt, dann wollen wir diese Weisheit nicht allzusehr überschätzen. Die Schöpfung ist immer noch unbegreiflich, wie am ersten Tag.

Es ist weder meine Absicht, eine Apologie Swedenborgs zu schreiben, noch will ich sein System kritisch erläutern. Wer dieses Buch zu Ende gelesen hat, mag sich selber ein Urteil bilden. Die Anstrengung der Gelehrten, den Geist zur Literatur, die Literatur zur Literaturgeschichte zu verarbeiten, bleibt mir um so eher erspart, als meine Aufgabe keine wissenschaftliche war; ich betrachte mich lediglich als Medium einer höheren Offenbarung und bin bereit, dafür die Verantwortung zu übernehmen. Wer sich vom philologischen, philosophischen oder naturwissenschaftlichen Standpunkt über das Phänomen Emanuel Swedenborg orientieren will, das soviel Missverständnis in der Welt erregt hat, möge die Quellen studieren. Es gibt ein ausgezeichnetes Buch von Martin Lamm über Swedenborg (Leipzig 1922), das die Entwicklung dieses umfassenden Genies, in dem eine Enzyklopädie des menschlichen Wissens vereinigt war, aufgrund eingehender Studien und der Kenntnis seiner sämtlichen Werke darstellt.

Swedenborg warnt vor dem Verkehr von Unberufenen mit Geistern

Noch bestimmter aber verwahre ich mich dagegen, einen Beitrag zur Geschichte des Spiritismus zu liefern. In eindeutiger Weise hat Swedenborg im Kapitel vom Himmel und den Entsprechungen den Verkehr von Unberufenen mit Geistern, als gefährlich und irreführend, abgelehnt. Bei dem unverantwortlichen Treiben dieser geistlosen Geisterseher muss es einmal offen ausgesprochen werden, dass ihre Propheten Swedenborgs Lehre, die einer größeren Öffentlichkeit bisher verborgen geblieben ist, auf das Schamloseste für ihre Zwecke missbraucht haben. Der tiefe Gedanke von der Existenz geistiger Wesenheiten, dem sich von Homer bis zu Dante, von Shakespeare bis zu Goethe kein großer Künstler verschlossen hat, die Erkenntnis, dass der Kampf des Geistes zugleich ein Kampf mit Geistern ist: diese ganze Welt der Engel und Dämonen hat nichts mit der Leichenschändung beschäftigungsloser Krämer zu tun. Jeder hat die Geister, die er verdient.

Swedenborgs großer Einfluss auf die bedeutenden Köpfe
des 18. und 19. Jahrhunderts

Bekanntlich hat Swedenborg, über dessen Persönlichkeit jenes mystische Dunkel gebreitet ist, das alle großen Religionsstifter der Nachwelt verbirgt, einen ungeahnten Einfluss auf die bedeutenden Köpfe des 18. und 19. Jahrhunderts ausgeübt. Es ist hier nicht der Ort, die Berührungen Jung Stillings, Matthias Claudius‘, Lavaters und anderer mit Swedenborg zu schildern; Kants widersprechende Äußerungen über ihn bedürfen noch immer der Klärung; seine Wirkung auf Balzac, der sich in den Erzählungen "Seraphita" und "Louis Lambert" geradezu als Jünger Swedenborgs bekennt, der gewaltige Eindruck seiner Lehre in neuerer Zeit auf Strindberg, der in "Inferno" beginnt, die ganzen späteren Dramen beherrscht und sich im "Blaubuch" zu einem religiösen Fanatismus steigert: das alles ist zu bekannt, um ausführlich erörtert zu werden.

Georg Witkowski hat in seinem Kommentar zu Goethes "Faust" nachgewiesen, dass viele Szenen, vor allem des zweiten Teils, deutlich von Swedenborgs "Himmlischen Geheimnissen" beeinflusst sind. Spuren in Goethes Leben weisen fortgesetzt auf seine eingehende Beschäftigung mit Swedenborgs Gedanken hin, die schon früh durch die Unterhaltungen mit Frl. v. Klettenberg in ihm Wurzel fassten. Am 28. November 1806, also auf der Höhe seines Schaffens, schrieb er an Friedrich August Wolf: "Warum kann ich nicht sogleich mich, wie jene Swedenborgschen Geister, die sich manchmal die Erlaubnis ausbaten, in die Sinneswerkzeuge ihres Meisters hineinzusteigen und durch deren Vermittlung die Welt zu sehen, auf kurze Zeit in ihr Wesen versenken!" Was ist "Faust" schließlich anderes, als der Mensch in der körperlichen Welt, der in Gemeinschaft mit Geistern, verfolgt von Geistern, zwischen Himmel und Hölle kämpft? "Könnt' ich Magie von meinem Pfad entfernen!" Dieser Seufzer des Erblindenden ist nur das späte Echo seines frühen Bekenntnisses:

Die Geisterwelt ist nicht verschlossen;

Dein Sinn ist zu, Dein Herz ist tot!

Auf, bade, Schüler, unverdrossen

Die ird'sche Brust im Morgenrot!

In Schweden, Holland, Frankreich, England, Amerika, in Süddeutschland und seit einiger Zeit im Norden Berlins hat sich eine von Jahr zu Jahr wachsende Gemeinschaft von Anhängern Swedenborgs gebildet, die, im stillen wirkend, viele Tausende Mitglieder zählt. An sie alle ergeht der Ruf, ihre Stimme zu erheben. Millionen Menschen warten auf das Morgenrot einer neuen Hoffnung. Möge in diese tote Welt, die so sehr von Hass verzehrt ist, ein Unsterblicher wiederkehren; über den Gräbern der Kirchen und Parlamente schwebt sein lebendiges Bild!






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Kapitel 27
Das Werk dieser Schrift

Die Gründe für die Mystifizierung Swedenborgs

Die Dunkelmänner der öffentlichen Meinung haben von jeher Swedenborg mystifiziert, aus drei naheliegenden Gründen. Erstens war die Gestalt dieses Sehers von einem Nebel von Gerüchten und Anekdoten umgeben, der das Geheimnisvolle seiner Existenz nur noch stärker verdichtete. Zweitens sind seine sämtlichen, sehr umfangreichen Schriften in einem höchst weitschweifigen, schwer verständlichen und scholastischen Latein geschrieben, mit endlosen Wiederholungen, Beweisen und Gegenbeweisen, die in einer wortgetreuen, leider aber völlig sinnentstellenden Übersetzung nichts zur Klärung seines Wesens beitrugen. Drittens schienen bisher nur wenige auserwählte Menschen berufen, in dieses Chaos der Paragraphen einzudringen und zwischen den Zeilen der Worte den wahren, geistigen Gehalt zu erfassen.

Diese Schrift ist mehr als eine Übersetzung

Es galt also, Swedenborg zu entgeheimnissen, und zwar, wie er selber sagt, "vom Buchstabensinn zum geistigen Sinn" zu gelangen, eine zusammenhängende und zugleich zusammenfassende Auswahl zu treffen, und so das Werk einer alten, zeitgebundenen Ausdrucksform durch die lebendige Gegenwart zu erneuern. Ein Buch sollte entstehen, das für jeden verständlich, für jeden lesbar war; dazu schien es notwendig, eine Nachdichtung zu wagen, die mehr als eine Übersetzung und weniger als eine Dichtung war. Die ewig gleichen, stereotypen Wörter und Wendungen des theologischen Latein mussten durch das Instrument der Sprache von Fall zu Fall ihre besondere Bedeutung erhalten, bis sie schließlich, auf der Waage der Wahrheit gewogen, einer letzten Prüfung Stand hielten. Nur so, gewissermaßen durch einen sprachlichen Reinigungsprozess, war es möglich, die Lehre Swedenborgs in ihren wesentlichen Bestandteilen zu kristallisieren und sie damit, zum ersten Mal vom Staub der Jahrhunderte befreit, allen Menschen zugänglich zu machen. Deshalb wählte ich aus der großen Zahl seiner Werke das Buch "Vom Himmel und von der Hölle" ("De Coelo Et eius Mirabilibus, Et De Inferno, Ex Auditis & Visis. Londini MDCCLVIII"), das mir im Original der Londoner Ausgabe vorlag und die meiste Gewähr für eine annähernde Totalität seiner Anschauungen bot. Nur an einigen Stellen habe ich zur Ergänzung kurze Abschnitte aus gleichlautenden Kapiteln der "Himmlischen Geheimnisse" ("Arcana Coelestia"), ebenfalls aufgrund des lateinischen Textes, übernommen, mich im übrigen aber an die Vorlage der drei Kapitel des Werkes "De Coelo" gehalten.

Ein Quellennachweis am Ende dieses Buches führt die Reihenfolge der Paragraphen des Originaltextes an, aus denen sich der Inhalt der Kapitel zusammensetzt, so dass es jedem unbenommen bleibt, fortlaufend an Hand des lateinischen Textes meine Auswahl zu prüfen und seine Kenntnis der Swedenborgschen Gedankenwelt zu vervollständigen.

Die meisten Interpreten von Swedenborg waren Theologen, die sich an das Äußere der Worte klammerten

In dem schon erwähnten "Blaubuch" von Strindberg befindet sich ein kleines Kapitel: "Aus Swedenborgs Korrespondenzlehre", in dem Strindberg eine Art Wörterbuch zu Swedenborgs Sprache geschrieben hat. In den beiden Jahren, in denen ich mich fast ausschließlich mit Swedenborg beschäftigte, kam mir immer klarer zu Bewusstsein, dass die meisten Interpreten seiner Lehre, die in der Regel Theologen waren, von einem einseitigen, dogmatischen Standpunkt aus sich an das Äußere der Worte klammerten, während es gerade darauf ankam, ihre innere Bedeutung zu ahnen. Swedenborg selber mag durch manche äußere Umstände, durch die religiöse Gebundenheit der Zeit, die Angriffe und Verfolgungen der schwedischen Bischöfe, die Orthodoxie der Landeskirche und andere Hemmungen gezwungen gewesen sein, seine Ideen hinter einem Ballast theologischer Sentenzen zu verbergen. Seine Auslegung der Heiligen Schrift in den viele Bände umfassenden "Himmlischen Geheimnissen", die in der wörtlichen Überlieferung des Alten Testaments einen inneren, geistigen Sinn entdeckt, seine Gründung der "Neuen Kirche", die auf dieser Deutung beruht: das alles beweist nur die große Gegensätzlichkeit seiner Anschauungen gegenüber den kirchlichen Lehren der Zeit.

So lag es nahe, die Forderung nach einem geistigen Sinn der biblischen Worte auf Swedenborg selber anzuwenden und seine Schriften gewissermaßen als Geheimsprache zu betrachten, die des Schlüssels bedarf. Dieser Schlüssel konnte nur gefunden werden, wenn von vornherein alle theologischen Interpolationen ausgeschaltet wurden; es war der nämliche Gedanke, der Strindberg einmal bei der Lektüre Swedenborgs zu dem melancholischen Seufzer veranlasste: "Ist Gott Theologe?" Aus diesem Grunde habe ich, um ein Beispiel zu nennen, das Wort "Dominus" jedes Mal mit "Gott" übersetzt, ohne etwa auf die besondere Bedeutung dieses Wortes im theologischen Sinne Rücksicht zu nehmen.

Erste grundlegende deutsche Übersetzung durch J. Tafel

Der ebenso fleißige wie gewissenhafte Tübinger Universitätsbibliothekar Joh. Fr. Immanuel Tafel hat in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine wörtliche, buchstabengetreue Übersetzung der wichtigsten Werke Swedenborg herausgegeben, die zwar völlig im theologischen Fahrwasser segelt, aber das Verdienst hat, die erste gründliche und grundlegende deutsche Übersetzung zu sein. In der von ihm redigierten Zeitschrift "Magazin für die Neue Kirche" hat Tafel sich bemüht, alle ihm erreichbaren Dokumente und Urkunden über Swedenborgs Leben und Lehre zu sammeln und einer kritischen Untersuchung zu unterziehen. Aufgrund dieser und anderer Quellen hat dann in jüngster Zeit Lothar Brieger in einer viel gepflegteren, sinnvollen Übertragung Swedenborgs "Theologische Schriften" herausgegeben (Leipzig 1904), mit einer ausgezeichneten Einleitung und einem bibliographischen Verzeichnis seiner Werke, ihrer Neuausgaben und Übersetzungen in chronologischer Reihenfolge. Leider ist diese Sammlung, die in zwei weiteren Bänden das Buch von der ehelichen Liebe und die naturwissenschaftlichen Schriften enthalten sollte, bis jetzt nicht fortgesetzt.

Das allgemeine Missverständnis, dem die Lehre Swedenborgs bis auf den heutigen Tag verfallen musste, ist ein typisches Beispiel für die Zerstörung jeder großen religiösen Vision, die dem Glauben oder Aberglauben der Menschen überantwortet wird. Auch für sein Werk gilt das tiefe, lichtspendende Wort der Schrift: Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.






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Kapitel 28
Emanuel Swedenborg

Die ersten dreißig Jahre, angefüllt mit Studien, Reisen und Veröffentlichung wissenschaftlicher Werke

Er wird am 29. Januar 1688 als Sohn des Bischofs Dr. Jesper Swedberg in Stockholm geboren und 1719 von der Königin Ulrike Eleonore unter dem Namen Swedenborg geadelt, wodurch er als lebenslängliches Mitglied des Adelshauses seinen Platz im schwedischen Reichstag einnimmt. Auf eine 1709 zu Uppsala herausgegebene akademische Disputation folgt eine Sammlung lateinischer Verse; doch wendet sich sein Interesse bald von der Poesie zur Physik und Mathematik: 1716 veröffentlicht er seine ersten Versuche auf diesem Gebiet in den sechs Heften des "Daedalus Hyperboreus". Im gleichen Jahre wird der damals noch Studierende von Karl XII. ohne Bewerbung oder Empfehlung als Assessor im Bergwerkskollegium ernannt. Während seines Universitätsstudiums in Uppsala und auf jahrelangen Reisen durch England, Holland, Frankreich, Italien und Deutschland erwirbt er sich ein fundamentales Wissen, vor allem in den Naturwissenschaften; 1718 erfindet er gelegentlich der Belagerung von Friedrichshall mechanische Apparate, die im Kriege zwischen Schweden und Norwegen eine entscheidende Rolle spielen. Im gleichen Jahre erscheint eine Einleitung in die Algebra; die Veröffentlichungen des "Daedalus Hyperboreus" werden fortgesetzt, es folgen Abhandlungen über das Maß- und Münzwesen, über geologische und astronomische Probleme.

Die nächsten Jahre sind durch Studien über die Bergkunde ausgefüllt, durch theoretische und praktische Arbeiten in den schwedischen Bergwerken und chemischen Laboratorien; 1721 macht er eine zweite Reise nach Deutschland, um die Bergwerke in Sachsen und im Harz einer eingehenden Besichtigung zu unterziehen. Die Erfahrungen dieser Reise, sowie die Resultate einer unermüdlichen, zehnjährigen Arbeit nach seiner Rückkehr im Bergwerkskollegium und den Erzgruben seiner Heimat, sind in einer Reihe von grundlegenden Schriften niedergelegt, die 1733 in der großen, dreibändigen Ausgabe der "Opera Philosophica et Mineralia" ihren Abschluss finden. Es folgt eine dritte Reise nach Deutschland zur Drucklegung dieses Werkes in Dresden und Leipzig 1734; daran anschließend werden die österreichischen Bergwerke besichtigt.

Mitgliedschaft der Wissenschaftlichen Gesellschaft

Seine universalen‚ wissenschaftlichen Leistungen werden von den Zeitgenossen nicht verkannt. Vergleiche mit Linné und Leibnitz liegen nahe angesichts der ungeheuren Beherrschung des Arbeitsstoffes. Bereits 1724 fordert ihn das akademische Konsistorium in Uppsala zur Bewerbung um die durch den Tod von Celsius freigewordene Professur für höhere Mathematik auf, was er jedoch ablehnt; 1729 wird er von der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Upsala zum Mitglied gewählt. Sein Ruhm dringt weit über die Grenzen Schwedens hinaus. Die Akademie der Wissenschaften zu Petersburg macht ihn 1734 zu ihrem korrespondierenden Mitgliede; Christian Wolf und andere Gelehrte von Weltruf beginnen einen Briefwechsel mit ihm. Der Bergrat Samuel Sandel, Ritter des Nordsternordens und Mitglied der Kgl. Akademie der Wissenschaften, der am 7. Oktober 1772 die Gedächtnisrede auf das verstorbene Mitglied Emanuel Swedenborg hält, bekennt offen, dass die wissenschaftlichen Werke des Gelehrten bis zu diesem Tage noch nichts von ihrem Werte verloren haben. Er bewundert die Originalität, die außerordentliche Vielseitigkeit und unerschöpfliche Arbeitskraft dieses Geistes, der nicht, wie manche Vielwisser, seine Kraft an Äußerlichkeiten verschwendet, sondern stets sich bemüht habe, in das Innerste der Dinge einzudringen, die Gesetze der Welt und ihren letzten, verborgenen Sinn zu ergründen.

Seit 1736 weitere Reisen durch Europa zwecks Drucklegung
großer Werke der Chemie, Mineralogie, usw.

Einen großen Teil der kommenden Jahre verbringt Swedenborg wieder im Auslande. Seit 1736 macht er acht verschiedene Reisen nach England, Holland, Frankreich, Italien und Deutschland; der Hauptzweck dieser Reisen ist die Drucklegung neuer, umfassender Werke auf dem Gebiete der Chemie, Mineralogie, Anatomie, Physik und Philosophie. Schon aber mehren sich die Anzeichen einer höheren Berufung.

Seit 1743 erste Zweifel, die großen Probleme durch die Wissenschaften lösen zu können

In seinem 1743 begonnenen Tagebuche tauchen die ersten Zweifel an der Lösung der großen Probleme durch die Wissenschaften auf. In dem 1744-45 zu London erschien zum Werke "De Cultu et Amore Dei" werden diese Zweifel zur Gewissheit. Damit tritt er aus der praktischen Welt der Gruben und Schmelzhütten, der Laboratorien und Reagenzgläser in die reine Sphäre des geistigen Schauens. 1747 nimmt er seine Entlassung aus dem Kgl. Bergwerkskollegium, um sich von nun an ganz seiner neuen Aufgabe zu widmen.

Bericht aus den Memoiren von Carl Robsahm über Swedenborgs Berufung im Jahre 1745

Carl Robsahm, Kämmerer bei der Bank in Stockholm, der zu den wenigen Vertrauten Swedenborgs gehörte, hat in einem Bericht vom 29. März 1782 Memoiren über ihn mitgeteilt. Wir verdanken ihm die Schilderung Voll Swedenborgs Erleuchtung nach dessen eigener Erzählung. Wie alle großen Erschütterungen im menschlichen Leben vollzieht sich die Umkehr in einem kleinen, fast banalen Ereignis. Eines Tages, so lautet die Erzählung, sitzt Swedenborg, mit Gedanken beschäftigt, in London beim Mittagsmahl. Nachdem er mit großem Hunger zu Ende gespeist hat, steigt ein Nebel vor seinen Augen auf, die Finsternis verdichtet sich, über den Boden kriecht scheußliches Gewürm, plötzlich verschwindet das Dunkel, und er sieht zu seinem Schrecken in der Ecke des Zimmers einen Mann sitzen, der zu ihm sagt: "Iss nicht so viel". Wieder wird es finster, und mit zunehmender Helligkeit befindet er sich allein im Zimmer. In der Nacht wiederholt sich die Erscheinung, ohne ihm diesmal Schrecken einzuflößen. Jetzt offenbart sich die Gestalt als Gott der Herr, der Welt Schöpfer und Erlöser, und verkündet ihm seine Berufung, den geistigen Sinn der Heiligen Schrift zu deuten, den Gott selbst ihm diktieren werde.

Mit seiner Berufung erhält Swedenborg von Gott die Gabe, mit dem Jenseits in Verbindung treten zu können

Von dieser Stunde an sind ihm die Reiche des Himmels, der Hölle und der Geisterwelt geöffnet, mit deren Wesen er in dauernde Verbindung tritt, um viele Bekannte aus allen Ständen dort wiederzufinden. Nun entsagt er aller weltlichen Gelehrsamkeit und wird zum Werkzeug der göttlichen Offenbarung, dem es verliehen ist, mit dem geistigen Auge die höheren Reiche zu schauen und bei völlig klarem Bewusstsein mit Geistern und Engeln zu reden. Auf die Frage, ob auch andere diese Fähigkeit erlangen könnten, warnt er Unberufene, Dinge zu erforschen, die über die Grenzen ihres Verstandes hinausgingen, weil ein solcher Weg ins Irrenhaus führe: nur dem, der von Gott dazu erwählt und erleuchtet sei, würden die Geheimnisse der göttlichen Wahrheit offenbart.

Swedenborgs Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und Einblick in sein einfaches Privatleben

Die Zeitgenossen berichten, dass sein Leben ruhig und würdig verlief; wer mit ihm in Berührung kam, rühmt sein offenes, heiteres Wesen, das keine geistige Trübung erkennen ließ. Er war durchaus kein Sonderling, nahm an Gesellschaften teil, aß und trank, wie jeder andere, jedoch mäßig, unterhielt sich gern über Tagesereignisse und gab auf alle, an ihn gerichteten Fragen, auch die verfänglichsten, klaren Bescheid. Er war nichts weniger als ein Proselytenmacher; ohne ausdrücklich darum angegangen zu sein, äußerte er sich nie über seine Lehre; stellte jemand eine unpassende Frage, um ihn zum Narren zu halten, dann wusste er so zu antworten, dass der Frager, ohne klüger geworden zu sein‚ schweigen musste.

Sein einziger Luxus war die Pflege seines Gartens, in dem er für seine vielen Besucher ein kleines Sommerhäuschen und zwei Pavillons nach englischem Vorbild errichten ließ; die Erträgnisse des Gartens überließ er seinem Gärtner. In seinem Hause herrschte die denkbar größte Einfachheit. Seine Aufwartung, eine alte Gärtnersfrau, hatte nur das Bett zu machen und einen großen Krug Wasser in das Vorzimmer zu stellen. Wenn er zu Hause speiste, lebte er von einer Semmel in gekochter Milch und stark gesüßtem Kaffee, den er sich zu allen Tages- und Nachtzeiten im Kamin seines Arbeitszimmers selber bereitete; abends genoss er nichts. Er pflegte Tag und Nacht durchzuarbeiten, ohne eine bestimmte Arbeitszeit oder Nachtruhe einzuhalten. "Wenn ich schläfrig bin, gehe ich zu Bett", sagte er. In seinem Arbeitszimmer befanden sich keine anderen Bücher, als die hebräische und griechische Bibel; seine Bibliothek war in einem Flügel des Gartenhauses untergebracht.

Erbitterte Feindschaft von Seiten der Geistlichkeit

Er ging selten in die Kirche, deren orthodoxe Lehre zu der seinigen im größten Widerspruch stand: dies, sowie die außergewöhnliche Gabe, die in seinen Schriften zum Ausdruck kam, zog ihm die erbitterte Feindschaft der Geistlichkeit zu, die ihn als Ketzer und Wahnsinnigen brandmarkte, die Verbreitung seiner Werke verhinderte und ihn bis aufs Blut verfolgte.

Ebenso spartanisch, wie in seinen häuslichen Gewohnheiten, war er auf Reisen; ohne Bedienung oder besondere Bequemlichkeiten fuhr er im offenen Wagen von Stockholm nach Gothenburg und von da zur See nach England oder Holland, um seine Schriften drucken zu lassen. Er bediente sich keines Schreibers; seine Arbeiten wurden nach seiner Handschrift gedruckt.

Die finanziellen Gepflogenheiten Swedenborgs

Swedenborg war kein Almosengeber. Fragte man ihn nach dem Grunde, dann antwortete er, wie Robsahm berichtet: "Die meisten Armen sind entweder faul oder liederlich. Außerdem können Almosen leicht dem Empfänger schaden, wenn man, ohne Unterschiede zu machen, bloß seinen Mitleidsgefühlen folgt." Ebenso lieh er kein Geld aus. "Das ist der sicherste Weg, es zu verlieren", sagte er; "außerdem brauche ich mein Geld, um Reisen zu unternehmen und meine Bücher drucken lassen zu können." Er hatte von seinem Vater ein beträchtliches Vermögen geerbt; da er selber sparsam lebte, und seine Bücher einen guten Absatz fanden, so fehlte es ihm nie an Geld.

Er blieb unverehelicht. Die meisten Frauen hielten ihn für einen Wahrsager und besuchten ihn aus Neugierde, um etwas zu erfahren. Bei solchen Besuchen musste immer noch jemand im Zimmer anwesend sein; er wies alle derartigen Wünsche ernst und streng ab und zog nie aus seiner Gabe den geringsten persönlichen Vorteil.

Tod und Beisetzung Swedenborgs 1772 in London

Swedenborg war selten krank. Nach einem Schlaganfall im Jahre 1771 fühlte er sein Ende nahen. Er starb, 84 Jahre alt, in voller geistiger Frische am 29. März 1772 auf einer Reise in London und wurde dort von dem schwedischen Geistlichen Arwed Ferelius am 5. April in der Chorgruft der schwedischen Kirche der Ulrika Eleonora beigesetzt.

Swedenborgs Bekenntnis, dass alles wahr ist, was er geschrieben hat

Ferelius, der ihm in den letzten Jahren seines Lebens nahestand und nach seiner Rückkehr aus England vom Sprecher des geistlichen Standes beim schwedischen Reichstag zur Berichterstattung über Swedenborg aufgefordert wurde, schildert in einem Brief an Professor Trätgard in Greifewald seine Besuche bei Swedenborg, kurz vor dessen Ende. Mit dem Hinweis auf den nahen Tod suchte er ihn zu bewegen, der Wahrheit die Ehre zu geben und seine Lehre zu widerrufen, falls sie eine Irrlehre sei. Darauf habe sich Swedenborg im Bett aufgerichtet, die gesunde Hand auf die Brust gelegt und gesagt: "So wahr Sie mich hier vor Ihren Augen sehen, so wahr ist auch alles, was ich geschrieben habe. Ich hatte noch viel mehr sagen können, wenn es mir erlaubt gewesen wäre. Sie werden alles selber sehen, wenn Sie in die Ewigkeit eingehen. Dann werden wir beide viel miteinander zu reden haben."






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Kapitel 29
Kant schildert Swedenborgs berühmte, visionäre Gesichte in einem Brief an Charlotte von Knobloch

Es dürfte nicht ohne Reiz sein, die berühmten visionären Gesichte Swedenborgs, die sich auf zeitliche Ereignisse beziehen und damals ein ungeheures Aufsehen in der Welt erregt haben, durch den Bericht eines so kritischen Kopfes, wie Kant, kennenzulernen, der in einem Brief an Charlotte von Knobloch aus Königsberg vom 10. August 1758 folgendes schreibt:

"Ich weiß nicht, ob jemand an mir eine Spur von einer zum Wunderbaren geneigten Gemütsart oder von einer Schwäche, die leicht zum Glauben bewogen wird, sollte jemals haben wahrnehmen können. Soviel ist gewiss, dass ungeachtet aller Geschichten von Erscheinungen und Handlungen des Geisterreichs, davon mir eine große Menge der wahrscheinlichsten bekannt ist, ich doch jederzeit der Regel der gesunden Vernunft am gemäßesten zu sein erachtet habe, sich auf die verneinende Seite zu lenken; nicht als ob ich vermeint, die Unmöglichkeit davon eingesehen zu haben (denn, wie wenig ist uns doch von der Natur eines Geistes bekannt?) sondern, weil sie insgesamt nicht genugsam bewiesen sind; übrigens auch, was die Unbegreiflichkeit dieser Art Erscheinungen, ingleichen ihre Unnützlichkeit anlangt, der Schwierigkeiten so viele sind, dagegen aber des entdeckten Betrugs und auch der Leichtigkeit betrogen zu wurden, so mancherlei, dass ich, der ich mir überhaupt nicht gerne Ungelegenheit mache, nicht für ratsam hielt, mir deswegen auf Kirchhöfen oder in einer Finsternis bange werden zu lassen. Dieses ist die Stellung, in welcher sich mein Gemüt von langer Zeit her befand, bis die Geschichte des Herrn Swedenborg mir bekannt gemacht wurde.

Diese Nachricht hatte ich durch einen dänischen Offizier, der mein Freund und ehemaliger Zuhörer war, welcher an der Tafel des österreichischen Gesandten Dietrichstein in Kopenhagen den Brief, den dieser Herr zu derselben Zeit von dem Baron von Lützow, mecklenburgischem Gesandten in Stockholm, bekam, selbst nebst anderen Gästen gelesen hatte, wo gedachter von Lützow ihm meldet, dass er in Gesellschaft des holländischen Gesandten bei der Königin von Schweden der sonderbaren Geschichte, die Ihnen, gnädiges Fräulein, vom Herrn von Swedenborg schon bekannt sein wird, selbst beigewohnt habe. Die Glaubwürdigkeit einer solchen Nachricht machte mich stutzig. Denn, man kann es schwerlich annehmen, dass ein Gesandter an einen anderen Gesandten eine Nachricht zum öffentlichen Gebrauch überschreiben sollte, welche von der Königin des Hofes, wo er sich befindet, etwas melden sollte, welches unwahr wäre und wobei er doch, nebst einer ansehnlichen Gesellschaft zugegen wollte gewesen sein. Um nun das Vorurteil von Erscheinungen und Gesichtern nicht durch ein neues Vorurteil blindlings zu verwerfen, fand ich es vernünftig, mich nach dieser Geschichte näher zu erkundigen. Ich schrieb an gedachten Offizier nach Kopenhagen und gab ihm allerlei Erkundigungen auf. Er antwortete, dass er nochmals desfalls den Grafen von Dietrichstein gesprochen hätte, dass die Sache sich wirklich so verhielte, dass der Professor Schlegel ihm bezeuget habe, es wäre gar nicht daran zu zweifeln. Er riet mir, weil er damals zur Armee unter dem General St. Germain abging, an den von Swedenborg selbst zu schreiben, um nähere Umstände davon zu erfahren. Ich schrieb demnach an diesen seltsamen Mann und der Brief wurde ihm von einem englischen Kaufmanne in Stockholm eingehändigt. Man berichtete hierher, der Herr von Swedenborg habe den Brief geneigt aufgenommen und versprochen, ihn zu beantworten. Allein diese Antwort blieb aus. Mittlerweile machte ich Bekanntschaft mit einem feinen Manne, einem Engländer, der sich vergangenen Sommer hier aufhielt, welchem ich, kraft der Freundschaft, die wir zusammen aufgerichtet hatten, auftrug, bei seiner Reise nach Stockholm genauere Kundschaft wegen der Wundergabe des Herrn von Swedenborg einzuziehen. Laut seinem ersten Berichte verhielt es sich mit der schon erwähnten Historie nach der Aussage der angesehensten Leute in Stockholm genau so, wie ich es Ihnen sonst erzählt habe. Er hatte damals den Herrn von Swedenborg nicht gesprochen, hoffte aber ihn zu sprechen, wie wohl es ihm schwer ankam, sich zu überreden, dass dasjenige alles richtig sein sollte, was die vernünftigsten Personen dieser Stadt von seinem geheimen Umgange mit der unsichtbaren Geisterwelt erzählen. Seine folgenden Briefe aber lauten ganz anders. Er hat den Herrn von Swedenborg nicht allein gesprochen, sondern auch in seinem Hause besucht und ist in der äußersten Verwunderung über die ganze so seltsame Sache. Swedenborg ist ein vernünftiger, gefälliger und offenherziger Mann; er ist ein Gelehrter und mein mehr erwähnter Freund hat mir versprochen, einige von seinen Schriften mir in kurzem zu überschicken. Er sagte diesem ohne Zurückhaltung, dass Gott ihm die sonderbare Eigenschaft gegeben habe, mit den abgeschiedenen Seelen nach seinem Belieben umzugehen. Er berief sich auf ganz notorische Beweistümer. Als er an meinen Brief erinnert wurde, antwortete er, er habe ihn wohl aufgenommen und würde ihn schon beantwortet haben, wenn er sich nicht vorgesetzt hätte, diese ganze sonderbare Sache vor den Augen der Welt öffentlich bekanntzumachen. Er würde im Mai dieses Jahres nach London gehen, wo er sein Buch herausgeben würde, darin auch die Beantwortung meines Briefes nach allen Artikeln sollte anzutreffen sein.

Einige Beispiele von sonderbaren Begebenheiten

Um Ihnen, gnädiges Fräulein, ein paar Beweistümer zu geben, wo das ganze noch lebende Publikum Zeuge ist und der Mann, welcher es mir berichtet, es unmittelbar an Stelle und Ort hat untersuchen können, so belieben sie nur folgende zwei Begebenheiten zu vernehmen.

Das Auffinden einer Quittung von Madame Harteville

Madame Harteville, die Witwe des holländischen Envoyé in Stockholm, wurde einige Zeit nach dem Tode ihres Mannes von dem Goldschmied Croon um die Bezahlung des Silberservices gemahnt, welches ihr Gemahl bei ihm hatte machen lassen. Die Witwe war zwar überzeugt, dass ihr verstorbener Gemahl viel zu genau und ordentlich gewesen war, als dass er diese Schuld nicht sollte bezahlt haben, allein sie konnte keine Quittung aufweisen. In dieser Bekümmernis, und weil der Wert ansehnlich war, bat sie den Herrn von Swedenborg zu sich. Nach einigen Entschuldigungen trug sie ihm vor, dass, wenn er die außerordentliche Gabe hätte, wie alle Menschen sagten, mit den abgeschiedenen Seelen zu reden, er die Gütigkeit haben möchte, bei ihrem Manne Erkundigungen einzuziehen, wie es mit der Forderung wegen des Silberservices stände. Swedenborg war gar nicht schwierig, ihr in diesem Ersuchen zu willfahren. Drei Tage hernach hatte die gedachte Dame eine Gesellschaft bei sich zum Kaffee. Herr von Swedenborg kam hinein und gab ihr mit seiner kaltblütigen Art Nachricht, dass er ihren Mann gesprochen habe. Die Schuld war sieben Monate vor seinem Tode bezahlt worden und die Quittung sei in einem Schranke, der sich im oberen Zimmer befände. Die Dame erwiderte, dass dieser Schrank ganz ausgeräumt sei und dass man unter allen Papieren diese Quittung nicht gefunden hätte. Swedenborg sagte, ihr Gemahl hatte ihm beschrieben, dass, wenn man an der linken Seite eine Schublade herauszöge, ein Brett zum Vorschein käme, welches weggeschoben werden müsste, da sich dann eine verborgene Schublade finden würde, worin seine geheim gehaltene Korrespondenz verwahrt wäre und auch die Quittung anzutreffen sei. Auf diese Anzeige begab sich die Dame in Begleitung der ganzen Gesellschaft in das obere Zimmer. Man eröffnete den Schrank, man verfuhr ganz nach der Beschreibung und fand die Schublade, von der sie nichts gewusst hatte und die angezeigten Papiere darinnen, zum größten Erstaunen aller, die gegenwärtig waren.

Genaue Schilderung des verheerenden Brandes 1756 in Stockholm, die Swedenborg zeitgleich in Göteborg gab

Die folgende Begebenheit aber scheint mir unter allen die größte Beweiskraft zu haben und benimmt wirklich allem erdenklichen Zweifel die Ausflucht. Es war im Jahre 1756, als Herr von Swedenborg gegen Ende des Septembermonats am Sonnabend um 4 Uhr nachmittags aus England ankommend, zu Gothenburg ans Land stieg. Herr William Castel bat ihn zu sich und zugleich eine Gesellschaft von fünfzehn Personen. Des Abends um 6 Uhr war Herr von Swedenborg herausgegangen und kam entfärbt und bestürzt ins Gesellschaftszimmer zurück. Er sagte, es sei eben jetzt ein gefährlicher Brand in Stockhohn am Südermalm (Gothenburg liegt von Stockhohn über 50 Meilen weit ab) und das Feuer griff sehr um sich.

Er war unruhig und ging oft heraus. Er sagte, dass das Haus eines seiner Freunde, den er nannte, schon in der Asche läge und sein eigenes Haus in Gefahr sei. Um 8 Uhr, nachdem er wieder herausgegangen war, sagte er freudig: Gottlob, der Brand ist gelöscht, die dritte Tür von meinem Hause! — Diese Nachricht brachte die ganze Stadt und besonders die Gesellschaft in starke Bewegung und man gab noch denselben Abend dem Gouverneur davon Nachricht. Sonntags des Morgens ward Swedenborg zum Gouverneur gerufen. Dieser befrug ihn um die Sache. Swedenborg beschrieb den Brand genau, wie er angefangen, wie er aufgehört hätte und die Zeit seiner Dauer. Desselben Tages lief die Nachricht durch die ganze Stadt, wo es nun, weil der Gouverneur darauf geachtet hatte, eine noch stärkere Bewegung verursachte, da viele wegen ihrer Freunde oder wegen ihrer Güter in Besorgnis waren. Am Montage abends kam eine Estafette, die von der Kaufmannschaft in Stockholm während des Brandes abgeschickt war, in Gothenburg an. In den Briefen ward der Brand ganz auf die erzählte Art beschrieben. Dienstags morgens kam ein königlicher Kurier an den Gouverneur mit dem Bericht von dem Brande, vom Verluste, den er verursacht, und den Häusern, die er betroffen, an; nicht im mindesten von der Nachricht unterschieden, die Swedenborg zur selbigen Zeit gegeben hatte, denn der Brand war um 8 Uhr gelöscht worden.

Was kann man wider die Glaubwürdigkeit dieser Begebenheit anführen? Der Freund, der mir dieses schreibt, hat alles das nicht allein in Stockholm, sondern vor ungefähr zwei Monaten in Gothenburg selbst untersucht, wo er die ansehnlichsten Häuser sehr wohl kennt und wo er sich von einer ganzen Stadt, in der seit der kurzen Zeit von 1756 doch die meisten Augenzeugen noch leben, hat vollständig belehren können. Er hat mir zugleich einigen Bericht von der Art gegeben, wie nach der Aussage des Herrn von Swedenborg diese seine Gemeinschaft mit anderen Geistern zugehe, imgleichen seine Ideen, die er vom Zustande abgeschiedener Seelen gibt. Dieses Porträt ist seltsam: aber es gebricht mir die Zeit, davon einige Beschreibung zu geben. Wie sehr wünsche ich, dass ich diesen sonderbaren Mann selbst hatte fragen können: denn mein Freund ist der Methoden nicht so wohl kundig, dasjenige abzufragen, was in einer solchen Sache das meiste Licht geben kann. Ich warte mit Sehnsucht auf das Buch, das Swedenborg in London herausgeben will. Es sind alle Anstalten gemacht, dass ich es sobald bekomme, als es die Presse verlassen haben wird."

Der in diesem Brief erwähnte Name der Madame Harteville muss "Marteville" heißen. Die Andeutung von der Begegnung Swedenborgs mit der Königin Louise Ulrike von Schweden, einer Schwester Friedrichs des Großen, findet ihre Ergänzung in den "Träumen eines Geistersehers", wo Swedenborg noch "Schwedenberg" genannt wird; dort heißt es:

Die Audienz bei der Königin

"Gegen das Ende des Jahres 1761 wurde Herr Schwedenberg zu einer Fürstin gerufen, deren großer Verstand und Einsicht es beinahe unmöglich machen sollte, in dergleichen Fällen hintergangen zu werden. Die Veranlassung dazu gab das allgemeine Gerücht von den vorgegebenen Visionen dieses Mannes. Nach einigen Fragen, die mehr darauf abzielten, sich mit seinen Einbildungen zu belustigen, als wirkliche Nachrichten aus der anderen Welt zu vernehmen, verabschiedete ihn die Fürstin, indem sie ihm vorher einen geheimen Auftrag tat, der in seine Geistergemeinschaft einschlug. Nach einigen Tagen erschien Herr Schwedenberg mit der Antwort, welche von der Art war, dass solche die Fürstin, ihrem eigenen Geständnisse nach, in das größte Erstaunen versetzte, indem sie solche wahr befand, und ihm gleichwohl solche von keinem lebendigen Menschen konnte erteilt sein."

Über diese merkwürdige Audienz, die nie ganz aufgeklärt ist, gibt es einen Bericht der Königin Witwe zu Haga im Jahre 1774 an den Grafen Höpken, mitgeteilt in Tafels Urkunden:

"Swedenborg war eines Tags bei Hof. Ihre Majestät stellte einige Fragen an ihn über das andere Leben, und zuletzt, ob er ihren verewigten Bruder, den Königlichen Prinzen von Preußen gesehen und gesprochen habe. Er antwortete: Nein! Ihre Majestät drückte dann ihr Verlangen aus, dass er nach ihm sehen, und ihm Grüße von ihr bringen möchte, was Swedenborg auch versprach. Es ist zweifelhaft, ob es der Königin damit Ernst war. Am nächsten Hoftag indessen stellte sich Swedenborg wie gewöhnlich ein, die Königin jedoch befand sich in dem sogenannten weißen Zimmer, umgeben von Hofdamen; Swedenborg trat dreist hinein, und näherte sich der Königin, welche sich des Auftrags, den sie ihm acht Tage vorher gegeben, nicht mehr erinnerte: Swedenborg brachte ihr nicht nur die Grüße ihres Bruders, sondern auch dessen Entschuldigung, dass er ihr ihren letzten Brief nicht beantwortete, in welchem sie ihn gebeten hatte, er möchte ihr seine Ansichten mitteilen. Dies tat Swedenborg zum großen Erstaunen der Königin, welche erwiderte, nur Gott habe dies Geheimnis wissen können.

Der Grund, warum die Königin lange Zeit über diese Geschichte nicht sprechen wollte, war, dass sie nicht wünschte, dass irgend jemand in Schweden glaubte, sie habe während des Kriegs mit Preußen irgendeine Korrespondenz mit einem feindlichen Lande geführt."

Intuitive Entdeckungen und Erfindungen Swedenborgs

Es ist nicht meine Aufgabe, diese Überlieferungen einer Kritik zu unterziehen, oder im Kampf der Meinungen Partei zu ergreifen. Es schien mir wichtig, aus dem Leben Swedenborgs das mitzuteilen, was im Zusammenhang dieses Buches von allgemeiner Bedeutung war.

Ich erwähne der Vollständigkeit halber zur Bekräftigung meiner früheren Behauptung von der intuitiven im Gegensatz zur experimentellen Erkenntnis, dass Swedenborg bereits 1745 im elften Paragraphen seines Werkes "De Cultu et Amore Die" von sieben ursprünglichen Planeten, außer den Monden, spricht, während Herschel erst 1781 einen siebenten Planeten entdeckte. In einem Brief aus Rostock vom 8. September 1741 an seinen Schwager Eric Benzelius, in dem er eine Menge mechanischer Konstruktionen und Erfindungen mitteilt, verzeichnet Swedenborg den "Plan eines Schiffes, das mit seiner Bemannung beliebig unter den Meeresspiegel gehen und der feindlichen Flotte großen Schaden zufügen kann. Ferner einen fliegenden Wagen, durch den man sich in der Luft schwebend erhalten und durch dieselbe getragen werden kann." Wie weit diese Ideen, in denen eine Vorahnung des Unterseebootes und der Flugmaschine lebt, ausgeführt wurden, entzieht sich der Beurteilung, da Zeichnungen fehlen.

Die Stimme Swedenborgs wurde im Lärm der Aufklärung von nur wenigen Menschen vernommen

Swedenborg war der letzte Religionsstifter in der abendländischen Welt. Er hätte, wie Luther, eine Reformation entfesseln können, wäre der Protestantismus im achtzehnten Jahrhundert eine annähernd so große Macht gewesen, wie der Papismus im sechzehnten. Am Vorabend der französischen Revolution kämpfte die Menschheit für andere, weltliche Ziele. Die Sehnsucht nach religiöser Freiheit wurde von der Sehnsucht nach politischer Freiheit abgelöst. Das große Ringen gegen den Absolutismus, um Demokratie und Weltbürgertum, begann. So verklang seine Stimme im Lärm der Aufklärung, der die Völker ergriff, um nur wenigen, schöpferischen Naturen vernehmbar zu bleiben.

Das prophetische Wort Balzacs von dem "Buddha des Nordens" wird in seiner ganzen Tragweite erst am Ende einer geistigen Entwicklung erkannt werden, in deren Mitte wir heute noch stehen. Weist nicht die Anschauung Swedenborgs, dass alles Leiden falscher Wille sei, dass der Weg der Geister und Engel durch die unendlichen Sphären der Ewigkeit zu immer größerer Selbstentäußerung führen müsse, in jenes letzte Reich der Unpersönlichkeit, wie es Buddha und Laotse verkünden? Uns Menschen aber, die wir, erdrückt von Erdenschwere, noch tief im Anfang der Erlösung stehen, begleiten die Worte Goethes, die so sehr vom Geiste Swedenborgs erleuchtet sind:


Steigt hinan zu höherm Kreise,

Wachset immer unvermerkt,

Wie, nach ewig reiner Weise,

Gottes Gegenwart verstärkt.

Denn das ist der Geister Nahrung,

Die im freisten Äther waltet,

Ewigen Liebens Offenbarung,

Die zur Seligkeit entfaltet.

Oberbärenburg im Erzgebirge



Oberbärenburg im Erzgebirge

Herbst 1924

Walter Hasenclever



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